Von den Anfängen bis heute

Nichts geht ohne ein gutes Team

von Jens-Ekkehard Bernerth

Projektleiterin Silja Flach und Projektreferentin Johanna Roos stehen den Stadtteil-Botschafterinnen und Stadtteil-Botschaftern seit 2017 gemeinsam mit Rat und Tat zur Seite.

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2008 hat dann Konrad Dorenkamp das Ruder übernommen. Wie hat sich das organisatorisch gestaltet?

Dorenkamp: Mit langen Übergabemeetings. Es kam der Punkt, dass Tina Kühr Mutter wurde, und dann hat sie mich kontaktiert. Nach einem ausführlichen Telefonat mit Prof. Kaehlbrandt war das dann in trockenen Tüchern und Tina und ich haben uns daraufhin ein, zwei, drei Monate für die Übergaben getroffen. Ich habe sehr schnell lernen müssen, was alles zu bedenken war.

Zum Beispiel?

Dorenkamp: Es gab noch keine Datenbank, die ganze Administration, Finanzierung, Abrechnung funktionierte anders als heute, ferner Netzwerk, Veranstaltungsmanagement… es gab jede Menge zu bedenken. Ich konnte dann tun, was ich im Deutschsommer auch schon machen konnte und was mir immer noch große Freude macht: Mich in Projekte reinzudenken, sie zu erfassen, zu verstehen, und sie weiterzuentwickeln. Bei den Stadtteil-Botschaftern habe ich ein Feld geschenkt bekommen, auf dem ich mich austoben durfte. Und das habe ich dann auch getan.

Was kamen für Änderungen dabei heraus?

Dorenkamp: Wir haben jede Menge an der Seminargestaltung gearbeitet: Was in den Seminaren vorkommen muss, zu welchem Zeitpunkt, in welcher Reihenfolge. Welches Verstehen wir ermöglichen müssen, was den eigenen Auftritt, was die disziplinierte Projektarbeit, was Verbindlichkeit angeht und wie die Stiftung tickt. Das Grundkonstrukt ist ja ein wenig widersprüchlich. Man sagt den Leuten: "Du bist Chef deines Projekts!“, aber es ist eine Stiftung, eine große Institution dahinter, die Schirmherrin ist und das überhaupt ermöglicht. Das heißt, die jungen Leute müssen verstehen, dass sie in gewisser Weise eigenverantwortlich sind, sich aber natürlich arrangieren müssen, dass eine Stiftung auch Interessen hat. Das ist immer noch ein großer Auftrag für uns, das Verständnis dafür zu entwickeln. Denn wir motivieren zu freiwilliger Selbstverpflichtung, wir wollen die jugendlichen Idealisten, die sich selbst gut genug finden und Selbstbewusstsein haben, um im Auftrag einer Stiftung in der Stadt ein eigenes Projekt zu machen.

Die dritte und vierte Generation wurde dann alleine von Ihnen verantwortet?

Dorenkamp: Quasi, die habe ich alleine mit dem Mentorenteam betreut. Bei dem Programm ist aufgrund der Vorarbeit stets der Arbeitsaufwand gewachsen, da wir in der Stadt immer besser vernetzt waren und es dadurch immer mehr Gesprächspartner gab. Das führte dazu, dass wir am Ende nicht nur wegen der Stadtteil-Botschafter-Themen Gesprächsbedarf hatten, sondern auch immer mehr Anlässe aufgrund der wachsenden Bekanntschaft. Die Projekte sind ein Teil des Programms, die Wirkung von Stadtteil-Botschafter ein zweiter. Das ist eine der damals gewünschten Wirkungen gewesen, die sich mit den Jahren tatsächlich entwickelt haben und jetzt nachweislich da ist.

In dem Zusammenhang: Es ist nicht ein Programm, wo man ein bisschen was macht und per se "Wirkung, Wirkung, Wirkung" als Ergebnis hat. Es ist eine fordernde Unternehmung, für uns sehr anstrengend in der Begleitung. Es steckt sehr viel Sorgfalt und persönliche Begegnung und Kümmern drin; es ist für die Stipendiaten anstrengend, weil sie sich selbst neu erleben; es ist aber eine Arbeit, die sich unbedingt lohnt. Wir kriegen immer wieder die Rückmeldung von Alumnae und Alumni, was für eine Chance das für sie war und wie viel sie in dieser Zeit gelernt haben. Diese Begleitung und die Wertschätzung der Chancen, die gegeben wurden und die Dankbarkeit für das Vertrauen, habe ich oft als Feedback erhalten. Wenn wir dann sehen, wie die Leute, die mit der Stiftung in Kontakt bleiben, kraftvoll ihren Weg gehen, dann ist das eine Freude. Aber klar, manche brechen danach auch den Kontakt ab.

Kühr: Ein super Beweis dafür ist ja auch, dass sich schon Cousins und Geschwister von ehemaligen Stadtteil-Botschaftern der ersten Generationen beworben und erfolgreich ihre Projekte durchgezogen haben.

Flach: Es freut uns sehr, dass aktive oder ehemalige Stadtteil-Botschafterinnen und Stadtteil-Botschafter neue werben, eben weil sie wissen, was für einen Effekt das haben kann und wie die Unterstützung aussieht. So sorgen die Ehemaligen dafür, dass immer wieder neue Gesichter sich für das Programm bewerben und ihre Ideen umsetzen wollen.

Haben Sie es oft erlebt, dass Interessenten bereits im Erstgespräch vor der Aufnahme ins Stipendium geraten werden musste, das Konzept oder die Idee zu überdenken, weil es so nicht funktionieren würde?

Dorenkamp: Das ist ein Jury-Verfahren, und die Jury muss entscheiden, ob das Projekt Erfolgspotenzial besitzt oder eben nicht. Aber ja, klar, es gab Ideen, von denen wir eher abgeraten haben.

Kühr: Zu meiner Zeit waren es auch oft Projekte, die es bereits schon gab oder aber die Idee zu nahe an einem Förderprojekt war. Gerade in den ersten Jahren war es oft ein Thema, dass die Leute die Stiftung um Geld bitten wollten für Förderprojekte, also eigentlich eher eine Förderung war als ein Projekt eines jungen Menschen.

Flach: Es kann immer wieder passieren, dass eine Idee nicht zum Stiftungszweck passt, weil sie beispielsweise zu politisch oder zu kirchlich ist. Wir sind ja weltanschaulich unabhängig und können deshalb nicht ein Projekt unterstützen, das in irgendeiner Richtung gebunden ist. Das ist mit ein Grund, warum wir für die sechste Generation das Verfahren verändert haben und genau für solche Fälle das Ideen-Café und die Ideen-Werkstatt eingeführt haben. Gleichzeitig sind wir aber über die Jahre für Frankfurter Engagierte zu einer Art Beratungsplattform geworden. Manche sagen 'Okay, ich weiß, das passt vielleicht nicht ganz genau, aber ich bin mir nicht sicher, wie findet ihr das denn?' – so wenden sich viele mit ihrer Idee an uns, auch deshalb, weil es nur wenige andere Stellen gibt, wo man darüber reden kann.

Kühr: Schön ist in diesem Zusammenhang, dass unsere Alumni an anderer Stelle das Ehrenamt fördern. Ein Alumnus hat zum Beispiel an der Goethe-Uni im Bereich Service Learning gearbeitet und sein Wissen aus der Stadtteil-Botschafterzeit damals bspw. in der Flüchtlingshilfe eingesetzt, oder Mikel White im Kosmos Jugendclub.

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