Wegwerfen schwergemacht

Das Repair Café in Sachsen­hausen

von Astrid Heindel

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Kaputte Sachen wegwerfen? Nicht im Repair Café in Frankfurt-Sachsenhausen! 2016 wurde es von Stadtteil-Botschafter Dominik Peper gegründet. Übergegangen in die Trägerschaft des BUNDjugend repariert noch heute, sechs Jahre später, jeden ersten Dienstag im Monat ein Team aus Ehrenamtlichen in den Räumen der Gemeinde St. Wendel Gegenstände aller Art und wirkt so dem Wegwerf-Kult entgegen. Mit einem Beitrag von damals blicken wir zurück auf die Anfänge des Projekts.

Auf den Tischen stehen Werkzeugkästen und Messgeräte, ein Fahrrad ist auf einem Montageständer angebracht und in einer Ecke brummt die Nähmaschine. Ein Motorengeräusch erklingt, es klappert und leise Gespräche sind zu vernehmen. Blaue, runde Boxen mit der Aufschrift "Wir freuen uns über Ihre Spende" sind im ganzen Raum verteilt.

Dominik Peper steht im Untergeschoss des Gemeindehauses der Gemeinde Sankt Wendel in Sachsenhausen und befestigt, an einem Handkarren mit Kabelbindern ein Gitter, das sich gelöst hatte. Dazu verbindet er mehrere Kabelbinder miteinander, sodass eine Kette entsteht, die lang genug ist, um den Abstand zwischen Gitter und Wagenstangen zu überbrücken. Dann knippst er die überstehenden Enden ab und prüft, ob das Gitter nun auch wirklich hält.

Den kaputten Wagen hatte Lennart Elsäßer mitgebracht – wissend, dass an jedem ersten Dienstag im Monat das Untergeschoss des Gemeindehauses zum Repair Café wird. Dominik hat es vor zwei Jahren als Stadtteil-Botschafter der Stiftung Polytechnische Gesellschaft aufgebaut.

Inzwischen ist er zwar nicht mehr Stipendiat der Stiftung, das Repair Café will er deshalb aber nicht aufgeben, und hat von der Stiftung noch einmal 3.000 Euro für die Weiterführung eingeworben. Außerdem hat Dominik die BUNDjugend  als Förderer und rechtlichen Träger des Cafés gewinnen können – und obendrein unterstützen ihn mit der ehemaligen Bürger-Akademikerin Danielle Wendel-Baumert und Stadtteil-Historiker Dr. Peter Oehler zwei weitere Mitglieder der "polytechnischen Familie".

Experten, Helfer und Gäste zusammenbringen

In das Repair Café kann jeder kommen, der etwas zu reparieren hat. "Die Gäste müssen Ersatzteile selbst besorgen, aber wir stellen hier Werkzeug und Experten mit dem technischen Know-How entgeltfrei zur Verfügung", erklärt Dominik das Prinzip. Der mitgebrachte Gegenstand und sein Defekt müssen beim Ankommen auf einem Formular – natürlich aus Recycling-Material – benannt und klassifiziert werden: Elektro, Computer, Textil, Fahrrad oder Sonstiges.

Lennarts Handkarren war als Sonstiges eingetragen. Dieses Dokument wird dann an eine Wand gehängt und mit einer Zahl versehen, so dass die Reihenfolge klar ist, nach der die Reparaturen abgearbeitet werden. Wer nicht sofort dran kommt, kann sich im Nebenraum etwas zu Essen und  Kaffee holen. Auch hier gibt es keine festen Preise, jeder bezahlt so viel wie er will, und Spenden sind erwünscht.

Um Geld zu sparen und dem Wegwerfen auch hier vorzubeugen, besorgen Dominik und sein Team auch immer wieder Lebensmittel beim sogenannten Food-Sharing, das heißt, andere Menschen, die ihr Essen sonst wegwerfen würden, stellen es Interessierten kostenfrei zur Verfügung.

Dass Dominik im Repair Café selbst Hand anlegt, kommt eher selten vor. Zwar hat er Maschinenbau studiert, sagt aber von sich selbst, dass er eher in Theorie als in der Praxis begabt sei. "Das Handwerkliche überlasse ich lieber den Profis. Ich bin eher dafür zuständig, zu organisieren und Leute zusammenzubringen, die es wirklich können", so Dominik. Er kümmert sich um die Pressearbeit und darum, dass Menschen mit dem entsprechenden Wissen als Reparateure ehrenamtlich im Café arbeiten. Zudem ist er die Schnittstelle zwischen Gästen, Café und Helfern.

Im Repair Café selbst arbeitet er dort, wo jemand gebraucht wird. Mal ist er am Empfang, mal schmiert er Brote, mal überprüft er, ob alle Dokumente richtig ausgefüllt wurden, mal repariert er. Für die Gäste aber steht er immer als Ansprechpartner zur Verfügung.

»Es macht viel Spaß und man lernt
ganz schön viel, allein vom Zuschauen.«
Carolin Lotter Besucherin des Repair Cafés in Frankfurt Sachsenhausen

Freude an der Arbeit

Dominik führt das Repair Café weiter, weil es ihm Freude bereitet. Auch seine ehrenamtlichen Helfer arbeiten gerne dort. "Es macht viel Spaß und man lernt ganz schön viel allein vom Zuschauen", sagt Carolin Lotter, die sich in der BUNDjugend engagiert. "Man lernt hier viele unterschiedliche und spannende Menschen kennen, die man sonst wahrscheinlich nie getroffen hätte", ergänzt Corinna Mailänder, die oft am Empfang arbeitet.

Als der Wagen, den Lennart mitgebracht hatte, fertig repariert ist, muss Dominik das Reparaturprotokoll ausfüllen. Er kreuzt das Feld hinter "Gelungen" an. Reparaturen klappen aber nicht immer, daher stehen auf dem Protokoll auch die Möglichkeiten "Fehler gefunden", "Vertagt" und "Nicht möglich" zur Verfügung. Manchmal kommt es auch vor, dass eine Reparatur abgebrochen wird und ein Sicherheitsrisiko zurückbleibt. "In einem solchen Fall muss der Gast auf dem Protokoll unterschreiben, dass er das Gerät nicht mehr verwendet", sagt Dominik, dem die Sicherheit im Repair Café sehr wichtig ist.

Wie viele Reparaturen erfolgreich waren, wird dokumentiert. In den ersten acht Monaten konnten 39 Prozent aller kaputten Gegenstände wieder in Stand gesetzt werden. Mehr als zwei Drittel der gebrachten Geräte gehörten in die Kategorie Elektro.

Inzwischen ist Dominik Peper nicht mehr so stark in die Leitung des Cafés involviert wie zu Beginn, da ihn andere Aktivitäten zeitlich einschränken. Dennoch ist er jedes Mal dabei, wenn es seine Türen öffnet. "Ich werde im Repair Café mithelfen, solange ich in Frankfurt bin", sagt er.

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